Wie würdest du dich jemandem beschreiben, der dich nicht sehen kann?
Sehr, sehr interessante Frage. Denn:
Mit jemandem, der mich nicht sehen konnte, hatte ich mein halbes Leben lang zu tun: mit meiner blinden Oma Gisella.
Ich weiß nicht, wie sie mich gesehen oder wie sie mich erlebt hat. Aber ich weiß, wie sie Sprache einsetzte, um eine Brücke zu mir zu bauen.
Sie hatte ein formidables Langzeitgedächtnis und konnte etwas so lebendig erzählen, dass man fast das Gefühl hatte, es wäre gerade eben passiert. Sie ging durchs Leben mit Mut und Entschlossenheit und war für alle in der Familie ein Anker.
Und da komme ich ins Spiel:
Wie könnte ich mich jemandem beschreiben, der mich nicht sehen kann?
Ja. Bei meiner Großmutter Gisella war das nie nötig – ihre Blindheit erschien mir nie als Hindernis. Sie schaffte es, die Kommunikation auf eine völlig natürliche Bahn zu lenken.
Was also, frage ich mich, wenn ich es auch in diesem Fall einfach geschehen lasse?
Wie würde ich sein, wenn ich meinem Gegenüber (das mich nicht sehen kann) einfach den Raum ließe – mich nur durch meine Sprache, meinen Tonfall, zu erschaffen?
Würde es diesen Anker-Effekt, den allein Sprache, auslösen kann, geben?